Ein lauer Sommerabend ist es noch nicht ganz, über den Stühlen im frisch gepflasterten Hof der Freiburger Spechtpassage liegen Fleecedecken und das Publikum vom Theater Harrys Depot hat sich in Pullover und Jacken gehüllt. Aber: Es regnet nicht, die Premierenstimmung ist aufgeräumt.
Barbara Zimmermann inszeniert die 2004 uraufgeführte Komödie „Bérénice de Molière“ von Igor Bauersima und Réjane Desvignes. Das Besondere daran: Es ist ein zeitgenössisches Stück, das historische Persönlichkeiten in ein fiktives Geschehen setzt und formal Werke der französischen Klassik zitiert. Es lebt von Dialogwitz, Tempo und Timing, hat aber auch tragikomische Momente, in denen Liebe, Lust und Leidenschaft verhandelt werden.
Somit passt es gut ins Repertoire des kleinen aber feinen Theaters Harry Depot, in dem es Regisseurin Zimmermann darum geht, mittels sorgsam erarbeiteter schauspielerischer Darstellung und präziser Textarbeit die Aufmerksamkeit des Publikums zu erlangen. Auch in „Bérénice de Molière“ hat Zimmermann wieder ein Händchen für die Rollenzuschreibung ihres jungen, engagierten Ensembles bewiesen: Jakob Stöckeler spielt den Komödiendichter Molière, der sehr betrübt darüber ist, dass seine beste Schauspielerin und Geliebte Marquise Thérèse Duchamps (Juliane Flurer) ihn und seine Komödientruppe verlassen hat. Sie ist mit fliegenden Röcken zu dem jungen Dramatiker Jean Racine (Sebastian Götz) geeilt und will nun angemessene Rollen in dessen Tragödien – und dessen Bett – spielen.
Auch die Prinzessin schwärmt für Racine
Weil Molière die Duchamps nicht kampflos aufgeben will – weder beruflich noch privat – ersinnt er einen Theaterwettstreit, für den er als Erstes die Prinzessin Henriette d’Angleterre (Mia Sanner) am Hof des Sonnenkönigs Ludwig XIV. gewinnt. Sie ist Schirmherrin der Künste – und schwärmt üerdies ebenfalls für den aufstrebenden Racine. Bleibt noch der dritte und älteste der großen Theaterautoren des 17. Jahrhunderts in Frankreich: Pierre Corneille, liebenswert knorrig verkörpert von Melchior E.Meyer, der ebenso wie Racine ein Stück über die tragische Liebe zwischen Bérénice und Titus schreiben soll. Die Dichter freilich dürfen nicht wissen, dass sie beide dasselbe Thema bearbeiten – der eine sieht eine Tragödie, der andere eine Komödie darin.
Wie meist ohne Requisiten oder ein aufwendiges Bühnenbild, aber mit liebevoll angefertigten Kostümen von Katja Weeke, schafft es das Ensemble mühelos, dem vielschichtigen Stoff Leben einzuhauchen, auch wenn die Beziehungen der Figuren untereinander an einigen Stellen doch recht aus der Welt gefallen scheinen. Ein unterhaltsames Theatervergnügen – passend für hoffentlich viele laue Sommerabende.